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Im Palais Niederösterreich kamen Branchenvertreter:innen und Expert:innen zusammen, um gemeinsam Lösungsansätze für eine zukunftsfähige Live-Szene zu erarbeiten. In ihrer Videobotschaft betonte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner die enorme musikalische Vielfalt in Niederösterreich – von Musikschulen bis zu Chören und Bands – und unterstrich die Bedeutung des persönlichen Live-Erlebnisses im Zeitalter der KI: „Genau das macht Musik lebendig.“
AKM-Präsident Peter Vieweger forderte in seinen Eröffnungsworten konkrete politische Unterstützung: „Wir werden mit vereinten Kräften Unterstützung einfordern. Man muss den Zuständigen begreifbar machen, dass eine Branche, die jährlich 7,5 Milliarden erwirtschaftet, zu stärken ist.“
Alfred Jaklitsch, Gründer der „Seer“, plädierte in seiner Keynote für Authentizität: „Künstler können heutzutage gar nicht mehr reifen. Aber genau das braucht es“. Er ermutigte, authentisch und regional verankert zu sein. Die Zukunft der Live-Musik werde zwar hybrid sein, so Jaklitsch, aber das Publikum bleibe emotional und will abgeholt werden.
In der ersten Diskussionsrunde trafen die Künstler:innen Christian Stani („Alle Achtung“) und Shlomit Butbul auf die Veranstalter Peter Pansky, Sepp Adlmann und Hannes Schwarzenberger. Christian Stani unterstrich, dass gerade der Live-Sektor essenziell sei, weil er den Großteil der Einnahmen generiert. Er betonte auch, dass eine Veränderung der Musikbranche durch Online-Plattformen eindeutig spürbar sei: „Es gibt mittlerweile Acts, die Hallen füllen, aber kein einziges Mal im klassischen Fernsehen und Radio vorkommen. Hier geht es vielmehr darum, ein Lebensgefühl zu verkaufen.“
Shlomit Butbul, Musikerin und Intendantin, forderte bessere Strukturen zur Unterstützung von Künstler:innen: „Wer täglich acht Stunden mit Selbstvermarktung beschäftigt ist, hat kaum noch Zeit für das Wesentliche.“
Die langjährigen Veranstalter-Profis Adlmann, Pansky und Schwarzenberger nennen die Herausforderungen: die Location füllen, kostendeckend arbeiten und gleichzeitig Qualität garantieren. Man will ein faires Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben erzielen. Sie sehen die Zukunft der Musikwirtschaft aber dennoch ganz klar im Live-Sektor. „Wir haben in unserer Location im letzten Jahr eine Steigerung von 20% an Konzerten durchführen können mit einem sehr hohen Anteil an österreichischen Künstler:innen“, so Pansky, Intendant der Burgarena Finkenstein.
Wie beeinflusst Künstliche Intelligenz die Live-Musik?
Künstliche Intelligenz ist längst nicht mehr nur in der Musikproduktion und ‑komposition präsent – sie hat auch das Live-Erlebnis erreicht. Ein Beispiel ist die ABBA Voyage-Show, in der digitale Avatare ein Konzert geben, das beim Publikum Emotionen weckt, wie man sie sonst nur von einer echten Live-Performance kennt. Wie KI das Live-Erlebnis verändert, stand im Fokus der zweiten Diskussionsrunde.
Christine Bauer, Professorin für Interactive Intelligent Systems, betonte, dass die Beschäftigung mit KI notwendig sei, auch um vorhandene Ängste abzubauen. Bauer zeigte anhand von Praxisbeispielen, dass KI nicht nur in der Erfassung von Publikum und Reaktionen, sondern auch als kreatives Tool im echten Konzert genutzt werden kann, wie etwa bei der Setlist-Optimierung oder Echtzeit-Autotuning.
Für Peter Vieweger stellt sich hier vor allem eine zentrale Frage: „Wie schützen wir Urheberrechte in einer KI-gesteuerten Zukunft?“ Der Songwriter Johannes Sumpich, alias Josh., spricht sich für eine neue Verhandlung des Urheberrechts auf europäischer Ebene aus. Der Musiker steht regelmäßig auf großen Bühnen und kann sich nicht vorstellen, dass Künstliche Intelligenz die menschliche Live-Performance ersetzen, wohl aber verbessern kann. „Einem Monitortechniker etwa könnte die KI Arbeit abnehmen und ihn für andere Tätigkeiten freispielen.“
Für Tamara Ofenauer-Haas, Geschäftsführerin des Musik & Kunst Schulen Management Niederösterreich, muss das Thema KI auch in den Weiterbildungen für Lehrkräfte Einzug finden: „Unsere Kinder und Jugendliche sind mit KI in Kontakt, wollen aber ein echtes Instrument lernen.“ Gleichzeitig betont sie die Bedeutung von Feedback und Emotionen in der Musikerziehung, etwas, das kein KI-Tool ersetzen könne.
Scharmien Zandi, Komponistin und Künstlerin, spricht sich für die Nutzung von KI-Tools als Zusatzelement im kreativen Schaffen aus. „Man braucht viel Geduld, aber es macht Spaß, zu sehen, was dabei herauskommen kann.“ Dass die Symbiose zwischen kreativem Schaffen und Künstlicher Intelligenz gelingen kann, zeigte sie im Anschluss mit ihren Kolleginnen Stephanie Meisl und Sarah Scherer. In ihrer Live-Performance „Muse Factory“ verschmolzen Technologie und schöpferische Kunst.
Die Live-Branche hat Zukunft – und bleibt unverzichtbar.
Am Abend sind sich Panel-Teilnehmer:innen und rund 200 Gäste einig: Live-Veranstaltungen wird es immer geben. KI-Tools können in vielen Bereichen unterstützen – ein echtes Live-Erlebnis jedoch nicht ersetzen. Verbesserungspotenzial sehen viele vor allem in der stärkeren Vernetzung zwischen Künstler:innen und Veranstaltern.
AKM Generaldirektor Gernot Graninger fand passende Schlussworte: „Live-Veranstaltungen werden niemals sterben. Wir brauchen Talent und Zusammenhalt und genau dafür haben wir heute ein starkes Zeichen gesetzt.“
Martin Lammerhuber, Geschäftsführer der Kultur.Region.Niederösterreich, betonte, dass die Themen und Aussagen der Veranstaltung als Auftrag verstanden werden. „Wir müssen zusammenhalten und die regionale Kulturarbeit leben. Wir können mit den Impulsen von heute nicht die Gesellschaft verändern, aber wir können gestärkt nach Hause gehen.“
Den Abend bereicherten die Schick Sisters mit nationalen Klängen und internationalen Melodien und wurden für ihre Live-Performance bejubelt. Durch die Tagung und die beiden Panel-Diskussionen führten Irene Suchy und Reinhart Gabriel.
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