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Am Mittwoch, den 29. Januar, folgten zahlreiche Künstler:innen und politische Entscheidungsträger:innen der Einladung der GESAC (Verband der europäischen Verwertungsgesellschaften) nach Brüssel. Gemeinsam mit Abgeordneten des Europäischen Parlaments und der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Henna Virkkunen, diskutierten Urheber:innen über drängende Herausforderungen des Kreativsektors: Künstliche Intelligenz, die Marktmacht von Streaming-Plattformen und die Auswirkungen von Buyout-Verträgen.
Die österreichische Verwertungsgesellschaft AKM wurde von Sängerin und Songwriterin Anna Buchegger vertreten. Im Gespräch mit dem österreichischen Abgeordneten Hannes Heide thematisierte sie die negativen Folgen von Künstlicher Intelligenz und Streaming-Plattformen für Musikschaffende. Diese Entwicklungen beeinflussen unmittelbar den Lebensunterhalt vieler Künstler:innen. Wie kann eine nachhaltige Balance zwischen Innovation und Kreativität geschaffen werden, um die Kultur- und Kreativwirtschaft zu unterstützen? Immerhin eine der weltweit wettbewerbsfähigsten Branchen in Europa.
Doch nicht überall wird dieser Wirtschaftszweig ausreichend gewürdigt. „In Europa und besonders in Österreich fehlt es an Bewusstsein für die enorme Bedeutung der Kultur- und Kreativbranche – sowohl als gesellschaftlicher Motor als auch als wirtschaftlicher Faktor“, betonte Hannes Heide.
Die Herausforderungen von Streaming-Plattformen
Musik-Streaming-Dienste sind ein zentraler Bestandteil der heutigen Medienlandschaft und beeinflussen durch ihre Empfehlungstools und Algorithmen maßgeblich, welche Musik gehört wird. Allerdings operieren diese Plattformen derzeit in einem rechtlichen Vakuum, ohne verbindliche Regeln zur Transparenz oder zur Förderung der Auffindbarkeit eines vielfältigen europäischen Repertoires.
Anna Buchegger, die mit ihrer Dialektmusik in die Folklore geht, ist von der Intransparenz großer Streaming-Plattformen direkt betroffen: „Mein Genre ist schwer kommerziell verwertbar. Dadurch bleibt meine Musik auf den Plattformen oft unsichtbar. Ich wünsche mir eine diversere Musikauswahl und mehr Chancen, in Playlists aufgenommen zu werden.“
Jüngsten Studien zufolge erhalten Urheber:innen den geringsten Anteil an den Einnahmen der Streaming-Plattformen, obwohl sie das kreative Zentrum der Branche bilden. Europas Verwertungsgesellschaften fordern eine fairere Verteilung der Streaming-Einnahmen sowie eine stärkere Anerkennung der kreativen Leistung. Notwendige Maßnahmen und Brancheninitiativen sollen sicherstellen, dass die Wertschöpfung angemessen honoriert wird.
Buyout-Verträge – eine Gefahr für Kreative
Ein weiteres zentrales Thema des Abends waren ausbeuterische Buyout-Verträge. Europäische Komponist:innen sind häufig mit Angeboten großer US-amerikanischer Video-on-Demand-Plattformen wie Netflix konfrontiert. Diese kaufen für einen meist niedrigen Pauschalbetrag sämtliche Rechte an einem Werk – ohne dass Urheber:innen später finanziell profitieren oder Einfluss auf die Nutzung haben. „Wenn eine Musikerin oder ein Musiker ein Werk schafft, es für einen einmaligen Betrag verkauft und damit alle Rechte abgeben muss – das gehört verboten!“, forderte Hannes Heide, Mitglied im Europäischen Ausschuss für Kultur und Bildung.
Forderung nach einer klaren KI-Regulierung
Auch die Umsetzung des KI-Gesetzes stand im Fokus des Abends. Urheber:innen und Verwertungsgesellschaften verlangen klare Regeln, um Transparenz bei KI-Unternehmen sicherzustellen. Diese sollten verpflichtet werden, Lizenzen zu erwerben, wenn sie geschützte Inhalte in ihre Systeme einspeisen. „KI-Systeme nutzen kreative Werke – von Schriftsteller:innen bis zu Komponist:innen – als Input, um neue Inhalte zu generieren. Hier müssen die Rechte der Urheber:innen gewahrt und eine angemessene Vergütung sichergestellt werden“, unterstrich Heide.
David El Sayegh, Präsident der GESAC, sprach eine konkrete Lösung an: „Die kollektive Lizenzierung ist der beste Weg, um ein breites Repertoire zugänglich zu machen, Rechtssicherheit zu gewährleisten, eine faire Vergütung zu ermöglichen und kulturelle Vielfalt zu erhalten.“
Erwartungen an die EU-Kommission
Die Abgeordneten erinnerten an verschiedene Initiativen des Europäischen Parlaments, um Kulturschaffende gegenüber den globalen KI- und Streaming-Plattformen zu schützen, und forderten die Europäische Kommission zum Handeln auf. Laurence Farreng, Mitorganisatorin des Abends, betonte in ihrer Keynote: „Das Parlament erwartet, dass die Kommission das KI-Gesetz konsequent umsetzt und Regelungen für Buyout-Verträge sowie Musik-Streaming vorschlägt. Diese Maßnahmen sind für Kulturschaffende essenziell und wurden bereits in mehreren Entschließungen gefordert.“
„Wie gut stehen die Chancen, dass diese heute diskutierten Vorschläge umgesetzt werden?“, fragte Anna Buchegger. Hannes Heide zeigte sich optimistisch: „Ich bin überzeugt, dass wir Erfolg haben werden – denn es geht darum, Kultur- und Kunstschaffende zu schützen. Das liegt in unserem allgemeinen Interesse.“
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